Zwei „wie Hund und Katze“ – Beziehungsdynamiken auflösen

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Eine Maus passt nicht in jedem Fall

Einmal saß ich in dem riesigen zauberhaften Garten bei Freunden. Ich hatte mich dorthin zurückgezogen, weil ich mit Übelkeit zu kämpfen hatte. Es ging mir wirklich nicht gut. Schon von weitem hörte ich dann das Miauen der Familienkatze, die durch den Garten schnurstracks auf mich zulief. Als sie schließlich bei mir eintraf, legte sie mir eine Maus, die sie eben gefangen hatte, als Geschenk zu Füßen. Diese Geste, absolut freundlich und wertschätzend gemeint, konnte ich in diesem Moment wirklich nicht würdigen. Mir wurde erst so richtig schlecht. Trotzdem habe ich mich bei der Katze bedankt. Ich bin sicher, sie wollte mich unterstützen.

Manchmal fühlen sich Beziehungspartner „wie Hund und Katze“

In „Beziehungsdynamiken“ beobachte ich oft eine ähnliche Problematik. Es gibt z. B. Beziehungspartner, die sich ganz viel Nähe und Verbindung wünschen und andere, denen es schnell eng wird und die sehr viel Autonomie und Freiheit benötigen, um sich wohl zu fühlen. Der Mensch, der Nähe braucht, findet es, wenn er krank ist, z. B. wunderbar, sich umsorgen zu lassen. Er möchte gefragt werden, wie es geht, was die andere Person tun kann, ob vielleicht ein Tee gewünscht wird oder etwas zu Essen gebracht werden könnte. Menschen die in solch einer Situation eher Rückzug und Autonomie benötigen, können mit dieser Form von Fürsorge oft wenig anfangen. Der Nähebedürftige hingegen wartet vergeblich auf die von ihm ersehnten Zuneigungszeichen. Das führt in einer Beziehung immer wieder zu Frustration und Missverständnissen. Das Paar fühlt sich nicht selten „wie Hund und Katze“.

In jedem Beziehungskonflikt gibt es mindestens vier Beteiligte

Konflikte ließen sich wahrscheinlich einfach lösen, wenn sich zwei souveräne Erwachsene gegenüberstünden. Dann könnte man sich vorstellen, dass es, wenn die Präferenzen einmal geklärt sind, leicht wäre, die passende Form des Umgangs zu finden. Fakt ist aber, dass in jeder Beziehung mindestens vier Personen beteiligt sind. Neben jedem souveränen Erwachsenen steht mindestens ein verletzter kindlicher Anteil. Dieses Innere Kind trägt in der Regel schwer an einem Rucksack, in dem alle schmerzlichen Erfahrungen der Vergangenheit lasten. Eckhart Tolle spricht in diesem Zusammenhang von dem sogenannten „Schmerzkörper“. Dieser Schmerzkörper ernährt sich vom menschlichen Drama und lauert auf neue potentielle „Verletzungen“. Das verletzte Innere Kind scannt das Verhalten des anderen voller Misstrauen. Jedes Wort, jede Geste, jede Miene des anderen wird daraufhin überprüft, ob „es“ wieder passiert, sich also schmerzliche Erfahrungen der Vergangenheit wiederholen.

Die Muster passen zumeist auf tragische Weise zueinander

Wer einmal verstanden hat, dass an diesem „Spiel“ zwei verletzte Innere Kinder beteiligt sind, die zumeist mit ihren Mustern auf tragische Weise „perfekt zueinander passen“, schafft es immer öfter, aus dieser Beziehungsdynamik auszusteigen. Es ist so, als hätten wir als Mensch das Spiel, das wir spielen wollen, auf unserer Stirn stehen. Beim einen steht dort „nie bekomme ich die Nähe und Wertschätzung, die ich brauche“. Auf der anderen Stirn steht „ich höre immer nur, dass ich falsch bin“. Werden solche Muster unbewusst ausgelebt, sind Frustration und Streit vorprogrammiert und die Partner sind in einer Beziehungsdynamik gefangen, die sehr viel Leiden mit sich bringt. Erst wenn wir lernen, „den Kuchen selber zu backen“, uns also selbst anerkennen, wertschätzen und lieben, können die Liebe und Anerkennung des anderen zur „Sahnehaube“ auf unserer Torte werden.

Den Stier vorbeipreschen lassen

Es ist wichtig, zu lernen, sich vom Verhalten des anderen abzukoppeln und sich selbst zu halten. Sobald Gefühle wie Wut, Empörung oder Traurigkeit … auftauchen, bitte nicht in die Auseinandersetzung gehen. Der Stier mit der Aufschrift „der andere ist schuld und tut mir etwas an“ darf getrost vorbeipreschen. Jetzt ist es wichtig, nicht aufzuspringen. Was dann gut tut, ist Selbstempathie, sich für eine Zeit zurückziehen, um sich „zu sortieren“. In dem Wissen, dass fast alle Menschen Angst vor Beziehungsabbruch haben, braucht der andere ein Signal, dass und wann das Gespräch später wieder aufgenommen wird.

Selbstempathie kann den Bann brechen

Es macht stark, die Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen, diese Gefühle zu fühlen und vergehen zu sehen. Das Gegenüber drückt nur die „alten Knöpfe“. Es ist nicht die Ursache unseres Schmerzes. Der Atem geht dorthin, wo es weh tut. Die Gefühle werden im Körper lokalisiert und so genau wie möglich beschrieben. Es wird erfahrbar, dass wir mehr sind als diese Gefühle, denn schließlich fühlen wir nicht nur, sondern sind auch gleichzeitig beobachtende Instanz dessen, was in unserem Körper vorgeht. Werden Gefühle nicht durch Gedanken genährt, sind sie schnell vorbei. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, sich auf erwachsene Weise um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Jetzt können wir Entscheidungen treffen, die uns als Kind so nicht möglich waren.

Frieden mit den eigenen Eltern schließen

Um echte Partnerschaft zu leben, ist es wichtig, Frieden mit den eigenen Eltern zu schließen. Tun wir dies nicht, projizieren und übertragen wir „alte Geschichten“ immer wieder neu auf unsere Partner. Die Eltern, selber wiederum das Produkt ihrer eigenen Erziehung, gaben ihr Bestes. Leider hatte das, was von ihnen als angemessen empfunden wurde, manches Mal verheerende Wirkung. Um die Kette falscher Entscheidungen u. a. auch mit Blick auf die eigenen Kinder wirkungsvoll zu unterbrechen, ist es erforderlich, zu verzeihen. Auch für die eigene Gesundheit ist das unverzichtbar. Schon Buddha soll sinngemäß gesagt haben „An Zorn festhalten ist wie Gift trinken und erwarten, dass der andere daran stirbt.“

Der Raum zwischen dir und mir

Echte erfüllende Partnerschaft wird dann lebbar, wenn zwischen den Partnern ein erwartungsfreier Raum entsteht, den der andere gerne betritt. Wie das geht? Das wird möglich, sobald ich „in Vorleistung gehe“ und den Raum großzügig mit dem fülle, nach dem ich mich sehne. Wie wäre es mit Akzeptanz, Anerkennung, Verständnis, Unterstützung, Liebe …? Ich bin sicher, dass der andere diesen Raum gerne besucht und vielleicht auch immer öfter ein Geschenk zurücklässt.

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